Quelle: Nordkurier: vom 8.5.15
Von Denny Kleindienst
Schüler der Einstein-Schule
können den Ballsport als
Wahlfach belegen, doch
damit nicht genug. Es kommt
sogar ein Fußball-Torwart
zu ihnen in den Unterricht.
Damit trumpft die Schule in
der Region mit einem Allein-
stellungsmerkmal auf.
TORGELOW. Rene Hartleib ist beim Torgelower
SV Greif die Nummer eins auf der Torwartposition.
Nach dem Abstieg aus der Regionalliga in
der letzten Saison spielt das Team derzeit in der
Oberliga Nordost, der fünfthöchsten Liga im deutschen Fußball. Hartleib hat schon bei den Amateuren in Wolfsburg gespielt, mit den dortigen Profis trainiert und dabei auch schlechte Erfahrungen gesammelt. „Damals haben die sich einen Scheißdreck für dich interessiert“, beschreibt der heute 28-Jährige seine damalige Situation als junger Nachwuchsfußballer.
Hartleib versucht es nun selbst besser zu machen. Zweimal die Woche kommt er in die Regionale Schule Albert Einstein in Torgelow und unterstützt Lehrer Rainer Justin, der das Wahlpflicht-Fach Fußball leitet. Justin ist selbst D-Jugend-Trainer beim TSV Greif. Jeden Donnerstag haben die Schüler ihre Spielstunde. Dann teilen sie sich in drei Mannschaften auf und spielen in 45 Minuten im Wechsel gegeneinander. Während Justin die Spiele pfeift, steht Hartleib neben ihm und beobachtet den Spielverlauf.„Gut gehalten“, ruft der Fußballer, als der Torwart einen Schuss abwehrt. Und als ein Schüler keinen freien Mitspieler findet: „Weiter, weiter! Wir spielen mit Bande.“
Der Greif-Torwart arbeitet mit den Schülern aber auch an ihrer Technik, versucht Koordination und Raumspiel zu verbessern. „Ich gebe ihnen zum Beispiel Tipps, wie man sich am besten vom Gegenspieler löst“, sagt er.
Vom aktiven Spieler zum Fußball-Lehrer Hartleib erinnert sich noch an seinen ersten Besuch in der Schulsporthalle vor einem halben Jahr: „Rainer hat mir damals gesagt, die Schüler hätten gespielt wie kleine Götter.“ Er kennt selbst das Gefühl, sich vor gestandenen Fußballern zeigen, sich von ihnen etwas abschauen zu wollen. „Ich hatte damals genau hingehört, wenn ich mit den Profis trainiert habe“, erzählt er. Nun hören die Torgelower ganz genau auf seine Ratschläge. „Wir haben gelernt, wie man sich besser bewegt auf dem Feld“, sagt einer der Schüler. Einem anderen gefällt das abwechslungsreiche Training: „Das macht Spaß und ist auch ein Ausgleich zum sonstigen Unterricht.“
Seit vier Jahren wird Fußball als Wahlpflichtfach an der Einstein-Schule angeboten und „sehr gut angenommen“, wie Rainer Justin sagt. Der Kurs setzt sich zu gleichen Teilen aus „Aktiven und Spaßfußballern“ zusammen, wie sie der Lehrer nennt. Zudem spielen Schüler von der 7. bis zur 10. Klasse zusammen.
Zwischen 15 und 18 sind es laut
Justin jedes Jahr. Die Unterstützung
durch einen Spieler vom TSV
Greif gibt es dabei schon von Beginn an.
Der Verein war einst selbst mit der Idee
dazu an die Schule herangetreten.
Justin geht es darum, jungen Vereins-
spielern im Rahmen des Schulunterrichts
eine zusätzliche Trainingseinheit
zu bieten. Und er nutzt den Unterricht, um
Talente zu sichten. „Ich spreche
auch Kinder an, ob sie vielleicht im Verein
spielen wollen“, sagt er. Der Lehrer
glaubt, dass seine Schule für all jene
interessant ist, die mit einer Karriere als
Fußballer liebäugeln. Die enge
Zusammenarbeit zwischen dem Torgelower
SV Greif und der Schule beschreibt er als
einzigartig in der Region. So etwas gebe es
im Land sonst nur an den sportbetonten
beziehungsweise klassischen Sportschulen
in Neubrandenburg, Rostock oder Schwerin.
Fußball hat Exotenbonus im Lehrplan
Um das Alleinstellungsmerkmal geht es auch Schulleiterin Regina Brat. Sie verweist auf den Wettbewerb, den es mittlerweile zwischen den Schulen in der Region gibt. Und der wird auch über den Wahlpflicht-Bereich geführt.
Die Einstein-Schule konnte mit Fußball bisher punkten. Laut der Schulleiterin gab es schon mehrere Nachfragen von Eltern aus den ehemals benachbarten Schul-Einzugsgebieten. Bleibt die Frage, ob ein Computer- oder Sprachkurs
nicht sinnvoller ist als das Wahlpflichtfach Fußball.
Greif-Fußballer Hartleib spricht von den „klassischen Motiven“, die ihn zu seinem
Engagement in der Schule bewegen. Er glaubt, dass Fußball den Kindern mehr
gibt als nur einen schönen Zeitvertreib. „Durch einen Mannschaftssport lernen Jugendliche, Disziplin zu halten. Der Zehntklässler lernt, dass er nicht der Boss ist und der der Siebtklässler, dass er nicht der Loser ist.“ Für den Torwart ist eines nun auch klar: „Ich werde später definitiv meinen Trainerschein machen. Durch das halbe Jahr habe ich gesehen, dass mir das liegt.“
Kontakt zum Autor:d.kleindienst@nordkurier.de
Quelle: Nordkurier- Haffzeitung vom 25.1.2014
Anmerkung der Schule: Fußball ist ein Wahlpflichtfach neben 8 anderen u.a. Sprachkurs und Computerkurs.
Quelle: Nordkurier- Haffzeitung vom 27.1.2014